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Coronavirus: Fragen im Arbeitsrecht

Ob SARS-CoV-2, Ovid-19 oder einfach nur Corona – das neue Virus verbreitet sich momentan schlagartig und führt dazu, dass sowohl Behörden als auch private Arbeitgeber Maßnahmen anordnen (müssen), um ihre Arbeitnehmer zu schützen. Dieser Beitrag soll einige Fragen im Arbeitsrecht beantworten. Gleichwohl ersetzt er keine anwaltliche Beratung und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Kündigung wegen Coronavirus?

Die aktuelle Pandemie zwingt viele Unternehmen wirtschaftlich in die Knie, was zwangsläufig zum Stellenabbau oder Unternehmensschließungen führt. Aber auch die verhaltens- oder personenbedingte Kündigung kann in Betracht kommen. Die nachstehenden Erläuterungen gelten nicht für Kleinbetriebe mit weniger als zehn Mitarbeitern.

Betriebsbedingte Kündigung wegen Corona

Für eine betriebsbedingte Kündigung muss der Arbeitsplatz dauerhaft wegfallen. Ein vorübergehender Einbruch des Umsatzes (wie derzeit) reicht nicht aus, um die wirksame Kündigung einen Arbeitnehmers mit betriebsbedingten Gründen zu rechtfertigen. Auch ist die Kündigung immer die ultima ratio. Der Arbeitgeber ist also in erster Instanz dazu verpflichtet, den Arbeitsplatz mit allen Mittel (Kurzarbeit, Überstundenabbau, Versetzung) zu erhalten. Nur wenn die Umsätze dauerhaft einbrechen, kann die betriebsbedingte Kündigung wirksam erfolgen.

Personenbedingte Kündigung

Bei einer personenbedingten Kündigung muss der Kündigungsgrund in der Person des Arbeitnehmers zu finden sein. Hier kommen die Szenarien einer tatsächlichen Infizierung mit dem Coronavirus, oder eine angeordnete Quarantäne in Betracht. In keinem dieser Szenarien dürfte die Kündigung wirksam sein, denn einerseits sind diese Situationen meist unverschuldet, andererseits vorübergehend.

Verhaltensbedingte Kündigung

Eine verhaltensbedingte Kündigung erfordert die schuldhafte Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten des Arbeitnehmers. Dies könnte bspw. bei einer Gefährdung der Mitarbeiter in Betracht kommen, sollte der Arbeitnehmer trotz eindeutiger Symptome und Meldepflicht zur Arbeit erscheinen. Aber auch hier kann zunächst eine Abmahnung das probate Mittel sein.

Dreiwochenfrist gilt trotz Coronavirus

Der Entwurf des Änderungsgesetzes der Bundesregierung vom 25.03.2020, welches vermutlich in dieser Form am 27.03.2020 verabschiedet wird, enthält keine Änderungen bzgl. der dreiwöchigen Frist zur Einreichung der Kündigungsschutzklage. Nach Ablauf dieser Frist wird die Wirksamkeit der Kündigung angenommen und Sie können keine gerichtliche Hilfe mehr in Anspruch nehmen. Sie sollten also trotz aller Widrigkeiten schnellstmöglich einen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht konsultieren.

Wie verhalte ich mich bei Verdacht auf Corona?

Au keinen Fall dürfen Sie kommentarlos der Arbeit fernbleiben. Dies würde eine abmahnungs- und schlussendlich kündigungsbegründende Arbeitsverweigerung darstellen. Je nach innerbetrieblicher Regelung müssen Sie Ihrem zuständigen Vorgesetzten sofort telefonisch Bescheid geben, oder ein ärztliches Attest vorlegen. Die Regelungen, die auch sonst im Krankheitsfall gelten, gelten auch in der aktuellen Lage.

Für eine Krankschreiben müssen Sie nicht notwendigerweise in den Praxisräumen Ihres Hausarztes erscheinen. Sollten Sie den begründeten Verdacht auf eine Infektion mit dem Coronavirus haben, halten Sie sich bitte an die öffentlichen Hinweise, die Sie auf der offiziellen Website des Landes NRW, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, oder des Robert-Koch-Instituts erhalten.

Auch die Angst, sich mit dem Virus zu infizieren rechtfertigt kein Fernbleiben von der Arbeit.

Bin ich bei häuslicher Quarantäne zum arbeiten verpflichtet?

Das kommt darauf an, ob Sie tatsächlich erkrankt sind, oder lediglich als Kontaktperson gelten und vorsichtshalber, auf Anweisung des Gesundheitsamts, in häuslicher Quarantäne bleiben müssen.

Sollten Sie tatsächlich infiziert sein und Krankheitssymptome aufweisen, werden Sie selbstverständlich krankgeschrieben. In diesem Fall gelten die normalen Regelungen im Krankheitsfall.

Sollten Sie allerdings als Kontaktperson vorsichtshalber in häuslicher Quarantäne sein, werden Sie eventuell nicht krankgeschrieben. In diesem Fall sind Sie weiterhin zur Erbringung Ihrer Arbeitsleistung verpflichtet, soweit dies nicht unmöglich ist. Die meistens Arbeitnehmer können Ihrer vertraglichen Pflichten nur im Betrieb des Arbeitgebers nachkommen. In diesen Fälle liegt Unmöglichkeit vor und der Arbeitnehmer ist von der arbeitsvertraglichen Pflicht befreit.

Lohnfortzahlung bei Quarantäne?

In einem Fall, indem Sie lediglich unter Infektionsverdacht ohne krankgeschrieben zu sein Ihrer Arbeit nicht mehr nachkommen können, erhalten Sie gemäß § 56 IfSG weiter Ihr Nettogehalt vom Arbeitgeber. Der Arbeitgeber kann sich die gezahlte Summe bei den Behörden erstatten lassen. Auch Selbstständige haben einen Anspruch auf Erstattung.

Wichtig: Die Erstattung muss der Arbeitgeber oder der Selbstständige binnen drei Monaten geltend machen.

Pflicht zum Homeoffice bei Quarantäne?

Wenn Sie unter häuslicher Quarantäne stehen, aber nicht krankgeschrieben sind, sind Sie prinzipiell arbeitsfähig. Eine einfache Lösung wäre es, wenn der Arbeitnehmer in einem solchen Fall einfach von Zuhause arbeitet, sofern er oder sie die Möglichkeit dazu hat.

Ganz so einfach ist es nicht. Die Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten muss arbeits- oder tarifvertraglich vereinbart worden sein. Eine erstmalige Anordnung im Homeoffice zu arbeiten, ohne vorherige Vereinbarung ist nicht möglich. Sollten Sie also alle notwendigen Arbeitsmittel Zuhause haben und eine vertragliche Vereinbarung in der Vergangenheit mit Ihrem Arbeitgeber zur Arbeit in Heimarbeit getroffen haben, dann ist die Anordnung im Homeoffice zu arbeiten, statthaft.

Das Kind ist am Coronavirus erkrankt – wie verhalte ich mich?

Sollte das eigene Kind erkrankt sein, gelten die normalen Regelungen: Eltern haben gemäß § 45 SGB V Anspruch auf eine Kindkrankschreibung. Dabei handelt es sich um maximal 10 Arbeitstage pro Kind und Jahr (max. 25 Tage; Alleinerziehende erhalten die doppelte Anzahl), an denen Arbeitnehmer Zuhause bleiben können, um sich um erkrankte Kinder zu kümmern. An diesen Tages erhalten Sie direkt von der Krankenkasse Krankengeld.

Die Schule oder der Kindergarten meines Kindes ist geschlossen

Sollte Ihr Kind nicht erkrankt sein, haben Sie auch leider keinen Anspruch auf eine Kindkrankschreibung. Dieser immense Mehraufwand für die Betreuung des Kindes muss auch im Fall von Corona noch durch Verwandte, Bekannte und jeder Menge Organisationstalent aufgefangen werden. Sollten Sie keinerlei Betreuungspersonen zur Verfügung haben, müssen Sie restlichen Urlaub nehmen, oder Ihren Arbeitgeber um eine unbezahlte Freistellung bitten.

Dienstreisen in gefährliche Regionen

Grundsätzlich ist die Entsendung von Arbeitnehmers vom Weisungsrecht des Arbeitgebers umfasst. Der Arbeitnehmer ist demnach zur Wahrnehmung von Dienstreisen verpflichtet. Ausnahmsweise kann aber die Verweigerung, eine solche Dienstreise anzutreten gerechtfertigt sein, wenn eine amtliche Reisewarnung des auswärtigen Amts vorliegt. Ob eine solche Reisewarnung aufgrund von Corona vorliegt, erfahren Sie auf der Website des auswärtigen Amts.

Zwangsurlaub wegen Coronavirus?

Genau so wie der Arbeitnehmer zur Erbringung seiner Arbeitsleistung verpflichtet ist, so ist der Arbeitnehmer zur Annahme der Arbeitsleistung vertraglich verpflichtet.

Ihr Arbeitgeber darf Sie also – solange Sie arbeitsfähig sind – nicht ohne Weiteres nach Hause schicken, oder Sie dazu zwingen, Ihre Urlaubstage zu nehmen. Auch ein Rückgriff auf das Überstundenkonto des Arbeitnehmers ist nicht gestattet. Der Arbeitgeber kann seinen Betrieb natürlich stilllegen, ist dann aber zur Lohnfortzahlung verpflichtet. Insoweit gelten im Zusammenhang mit dem Coronavirus keine Besonderheiten.

Kannengießer & Sauer Rechtsanwälte für Arbeitsrecht in Düsseldorf beraten und vertreten Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Führungskräfte. Sollten Sie Fragen im Arbeitsrecht haben oder einen Beratungstermin vereinbaren wollen, können Sie uns während unserer Öffnungszeiten sowohl telefonisch, als auch über unseren Kanzlei Chat erreichen. Gerne können Sie auch jederzeit unser Kontaktformular nutzen.