Kategorien
Blog

Reisepreisminderung beim Gastschulaufenthalt und bei Sprachreisen

Auch bei einem Gastschulaufenthalt und bei einer Sprachreise können Reisende auf die Grundsätze des Pauschalreiserechts nach den § 651 lit. a. ff BGB zurückgreifen und den Reisepreis mindern, wenn der Aufenthalt im Gastland mit Reisemängeln behaftet war.

Im Bereich des Gastschulaufenthaltes sind zahlreiche Reisemängel denkbar, die sich beispielsweise in Form einer mangelhaften Unterkunft oder einer nicht für den Aufenthalt geeigneten Gastfamilie wiederspiegeln können.

Auch das Coronavirus kann zu erheblichen Beeinträchtigungen und somit Reisemängeln des Aufenthaltes führen, wenn beispielsweise kein Schulunterricht aufgrund von Ausgangssperren oder Schulschließungen ermöglicht werden konnte.

Handelt es sich bei einem Gastschulaufenthalt/einer Sprachreise um eine Pauschalreise?

Damit Sie sich auf die pauschalreiserechtlichen Grundsätze berufen können, müssen folgende Voraussetzungen nach § 651 lit. u Abs. 1 BGB erfüllt sein:

  1. Dauer des Gastschulaufenthaltes von mindestens drei Monaten,
  2. Geregelter Schulbesuch,
  3. Aufenthalt in einem anderen Staat.

Sollte einer oder mehrere dieser Voraussetzungen nicht auf den von Ihnen gebuchten Gastschulaufenthalt zutreffen, empfiehlt sich ein Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Reiseveranstalter von Gastschulaufenthalten und Sprachreisen vereinbaren oft innerhalb ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Anwendbarkeit des deutschen Pauschalreiserechts.

Welche gesetzlichen Pflichten hat der Reiseveranstalter?

Der Reiseveranstalter von Gastschulaufenthalten ist verpflichtet, für eine angemessene Unterkunft des Gastschülers zu sorgen, ihn umfassend zu Beaufsichtigen und eine regelmäßige Betreuung zu gewährleisten, § 651 lit. u Abs. 2 BGB.

Außerdem muss er dafür Sorge tragen, dass ein geregelter Schulbesuch stattfinden kann.

Der Reiseveranstalter muss darüber hinaus seinen Informationspflichten vor Beginn des Gastschulaufenthaltes in umfassendem Umfang nachkommen. Er ist verpflichtet, den Gastschüler angemessen auf den Aufenthalt im Ausland vorzubereitenen und spätestens zwei Wochen vor Antritt der Reise über Folgendes informiert haben:

  1. Name und Anschrift der Gastfamilie,
  2. Name und Erreichbarkeit eines Ansprechpartners im Gastland.

Sollte der Reiseveranstalter seinen Informationspflichten im Vorfeld der Reise nicht nachkommen, können Sie noch vor Reiseantritt den Rücktritt vom Reisevertrag nach § 651 lit. H Abs, 1 S. 3 Abs. 2 BGB erklären.

Kann der Gastschulaufenthalt nach Reisebeginn noch abgebrochen werden?

Der Reisenden kann den Vertrag auch nach Reisebeginn während des Gastschulaufenthaltes bis zur Beendigung kündigen, § 651 lit. u Abs. 4 S. 1 BGB. Kündigungsgründe muss der Reisende hierbei nicht angeben.

Sofern Sie den Gastschulaufenthalt aufgrund eines Reisemangels (z.B. aufgrund der Einschränkungen durch das Coronavirus) kündigen, sind die Reisemängel vor Ausspruch der Kündigung zunächst beim Reiseveranstalter anzuzeigen.

Tipp: Zeigen Sie sämtliche Reisemängel unverzüglich und im besten Fall schriftlich gegenüber dem Reiseveranstalter an.

Im Rahmen Ihrer Mängelanzeige sollten Sie den Reiseveranstalter auffordern, zunächst Abhilfe zu schaffen und die Mängel – sofern dies möglich ist – zu beseitigen.

Wie zeichen sich Reisemängel bei einem Gastschulaufenthalt aus?

Sofern erhebliche Reisemängel vorliegen, die den weiteren Aufenthalt des Gastschülers beeinträchtigen, ist grundsätzlich eine Kündigung des Reisevertrages möglich, oder eine Reisepreisminderung nach Rückkehr des Gastschülers.

Doch welche Reisemängel können zu einer Kündigung oder Reisepreisminderung führen?

I. Mangelhafte Unterkunft und Gastfamilie

Die Gastfamilie stellt einen überaus wichtigen Bestandteil des Gastschulaufenthaltes dar, denn bei dieser verbringt der Gastschüler den überwiegenden Teil seines Aufenthaltes. Die Gastfamilie muss sowohl erzieherisch als auch zeitlich bereit und in der Lage sein, die Aufsicht und die Betreuung des Gastschülers zu gewährleisten. Die räumliche Umgebung oder das finanzielle Umfeld spielen hierbei keine Rolle.

Reisemängel wurden in der Vergangenheit in folgenden Fällen bejaht:

  • Mangelhafte Überwachung des regelmäßigen Schulbesuchs durch die Gasteltern,
  • Der Gastschüler wurde sich selbst überlassen,
  • die Gastfamilie musste häufig gewechselt werden,
  • Der Gastschüler wurde zu anderen Personen abgeschoben,
  • Sexuelle Belästigung durch ein Mitglied der Gastfamilie,
  • Die Entfernung der Gastfamilie zur Schule war dreimal so weit als vom Reiseveranstalter angegeben,
  • Die Gasteltern können ihren Aufsichtspflichten nicht nachkommen, da sie Alkoholiker sind.

II. Mängel des regelmäßigen Schulbesuchs

Neben der Bereitstellung einer angemessenen Unterkunft, ist der Reiseveranstalter verpflichtet, die Organisation des Schulbesuchs zu regeln. Da es sich bei Gastschulaufenthalten um Sprach- und Bildungsreisen handelt, ist der regelmäßige Schulbesuch ein wesentliches Element der Reise. Der Schulbesuch im Gastland führt zu einer späteren Anrechnung nach Rückkehr auf die Schulzeit in Deutschland. Eine mangelhafte und unzureichende Teilnahme am Schulunterricht, die außerhalb des Einwirkungsbereichs des Gastschülers liegt, kann somit zu einem ungewollten Wiederholen des jeweiligen Jahrgangs in Deutschland führen.

Gerade aufgrund der aktuellen Coronasituation, kommt es im Rahmen des Gastschulaufenthaltes häufig vor, dass ein regelmäßiger Schulbesuch nicht gewährleistet wird. Es wird berichtet, dass unregelmäßiger Unterricht in Form von Homeschooling stattgefunden hat oder dass – aufgrund der meist ländlichen Umgebungen und dementsprechend schlechter Internetverbindung – kein Homeschooling möglich war.

Reisemängel wurden in der Vergangenheit in folgenden Fällen bejaht:

  • Aussetzung des Unterrichts auf unbestimmte Zeit,
  • Der Reiseveranstalter sicherte vor Reiseantritt den Besuch einer „High-School“ zu, stelle jedoch einen Platz in der „Middle-School“ zur Verfügung.

Steht mir neben der Reisepreisminderung auch ein Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit zu?

Grundsätzlich handelt es sich bei einem Gastschulaufenthalt nicht um Urlaubszeit. Oberstes Ziel des Gastschulaufenthaltes ist es, Sprache und Kultur eines fremden Landes durch den Schultag bei einer Gastfamilie kennen zu lernen, sodass ein Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit nach § 651 lit. n Abs. 2 BGB ausscheidet. Immaterieller Schadensersatz nach den allgemeinen Grundsätzen kann allerdings durchaus möglich sein.

Bei rechtlichen Fragen rund um Ihren Gastschulaufenthaltes stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Als Rechtsanwälte für Reiserecht aus Düsseldorf betreuen wir Mandanten im gesamten Bundesgebiet. Dabei ist es nicht unbedingt notwendig, einen Präsenztermin vor Ort wahrzunehmen; wir bearbeiten Ihren Fall auch gerne telefonisch und per E-Mail. Gleichwohl begrüßen wir Sie selbstverständlich gerne in unseren zentral in Düsseldorf gelegenen Kanzleiräumen.


Kontaktieren Sie uns gerne telefonisch während unserer Öffnungszeiten, oder jederzeit per E-Mail oder über unser Kontaktformular.

Unsere Beiträge und Artikel sollen und können weder die anwaltliche Beratung ersetzen, noch können wir eine Garantie für Aktualität und Vollständigkeit übernehmen. Vielmehr dienen diese der ersten Information unserer Mandanten und anderer Interessierter.